Dienstag, 25. September 2012

Oh what a day ...



*Quote*
„Das Schlimmste an einer schlaflosen Nacht sind die letzten zehn Minuten bevor der Wecker klingelt. Genau in diesen zehn Minuten findet der Körper endlich Schlaf. Man bekommt also eine Ahnung davon, wie schön es gewesen wäre.“
*Quote end*

Aktuell mein täglich Brot. Und da nur, weil wohl das L-Thyroxin in meinem Körper zu hoch dosiert ist und ich deshalb des Nachts keinen Schlaf finden kann.
Seit 10 Minuten weiss ich, dass mir weitere 4 Wochen Experimentieren bevorstehen. Erst wenn ich „stabil“ bin und ich wieder durchschlafen kann, kann die Schilddrüse erneut geprüft werden …
Doch dies sei nur am Rande erwähnt.

Seit geraumer Zeit passiert so gar nichts Aufregendes mehr in meinem kleinen beschissenen Leben. Also zumindest nichts, worüber zu schreiben, es lohnen würde.
Doch heute scheint wohl die grosse Ausnahme zu sein. Diese lässt mich sogar mal wieder vollständig aus meinem derzeit vorherrschenden Internetkoma auferstehen zu lassen.

Mit dem Knopf im Ohr betrete ich die heiligen Hallen meiner Firma. Hier ein „Hallo Dietmar“, dort ein „Hola, como estas?“ und am Ende noch ein „Hello Jasmine, it’s so good to see you!“. Die ganze Welt scheint mal wieder in Ludwigshafen zu Gast zu sein.
Mein Tagwerk beginne ich damit, meine Kurzreise nach Frankfurt vorzubereiten und während ich noch mit einem Kollegen telefoniere, souffliert mir unsere Assistentin ins Ohr, meine koreanische Kollegin sei unter Polizeischutz in die Firma gebracht worden, sitze nun samt Polizei beim Werkschutz und ob ich denn da nicht mal nach dem Rechten sehen könne.

Aber natürlich. Dafür sind Kollegen doch da. Ich schnappe mein Hab und Gut und das Jackett und eile 4 Stockwerke nach unten. Meine Kollegin sitzt zusammengekauert mit heruntergesunkenen Schultern im Stuhl, während dieses Prachtstück von Polizeimann (der sah aber auch verdammt gut aus !!!!) vor ihr steht. Natürlich habe ich H. zunächst getröstet und mich dann um die Details gekümmert, die mir dieser wahnsinnig interessant aussehende Polizist ausführlich erzählte.

Folgendes ist passiert:
Zwischen 0700 und 0710 wurde H’s Handtasche entwendet, also geklaut, während sie sich am Frühstücksbuffet noch etwas zu Essen holen wollte. Mitten im Hotel. Direkt beim Frühstück. Morgens in Deutschland.
Was für ne Sauerrei ist das eigentlich????
Unglaublich. Widerlich. Einfach „bäääääh“!!!
Pfui. Doppelpfui.

Dummerweise hat die Gute so ziemlich alles im Handtäschlein mit sich getragen. Reisepass. Kreditkarten. ID Card. Ihre Hochzeitsuhr, deren Batterie sie tauschen wollte, weil die Zeit stehen blieb.
Verdammt.

Da sitzt nun diese kleine, zierliche Koreanerin vor mir und weckt wohl so eine Art Muttergefühle. Sie wirkt nicht wie eine grosse, erwachsene Frau von 40 Jahren. Nein, eher wie ein kleines Mädchen, das man einfach beschützen und in den Arm nehmen muss. Sie weint. Doch sie lässt sich in den Arm und an die Hand nehmen, obwohl dies in ihrer koreanischen Heimat so gar nicht üblich ist.

Man mag es nicht glauben, an was man alles denken muss, wenn man den Ersatz organisiert. Ich studiere den Polizeibericht und wähle zu allererst die Nummer des koreanischen Konsulates. Herr Li spricht akzentfreies Deutsch und gibt Anweisung, sie solle morgen dort vorstellig werden, um einen Notfallreisepass zu beantragen. Die Schwierigkeit, vor der wir stehen: Sie ist Koreanerin, derzeit nach Hongkong delegiert und benötig eigentlich ein Visum, bzw. eine ID Card. Und so klären wir, ob sie überhaupt mit dem Notfallpass nach Hongkong einreisen darf. Sie darf.
Puuuuh – erst mal keinen Flug umbuchen.

Dann muss die Ausländerbehörde verständigt werden, denn schliesslich fehlt ihr der Einreisestempel im neuen Reisedokument. Diese kümmert sich um die Ausreisegenehmigung, damit es nicht zusätzliche Probleme gibt.
Mit dem Hotel komme ich überein, dass ausnahmsweise eine Rechnung an die Firma geschickt wird, damit diese anderweitig beglichen werden kann. Geht ja eigentlich auch nicht anders, wenn keine Kreditkarte mehr zur Verfügung steht.

Am Ende leihe ich ihr noch 200 Euro (der Betrag, der ihr mitgestohlen wurde), damit sie morgen den Pass zahlen kann und sich die nächsten Abende noch ernähren kann.

Meine Kollegen sind sensationell. Sie verteilen ihre Telefonnummern, bieten Hilfe an, laden sie zum Essen ein, trösten sie.
Und H. weint. Weint vor Rührung und erzählt mir vorhin, wie sehr sie es bereut, noch letzte Woche im Interkulturellen Workshop gesagt zu haben, sie fühle sich manchmal isoliert, wenn sie in Deutschland ist.

Ach, ich kann ihr so gut nachfühlen. Weiss doch gerade ich, wie wichtig Unterstützung in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht spricht, ist.
Und gleichzeitig bin ich so furchtbar sauer – also stinksauer – auf diese Person, die sich in einem renommierten Hotel an Dingen vergreift, die ihm / ihr nicht gehören.
200 Euro und 2.000 HK Dollar? Ist es das wert????

Gehabt euch wohl.

PS: Bleibt zu hoffen, dass sich der Herr Polizeimann noch meldet … Vielleicht findet sich ja die Tasche wieder … Hoffentlich mit dem Pass und der ID Card drin …

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen