Mittwoch, 13. März 2013

Wenn die Zeit kommt, in der man könnte …



... ist die Zeit vorüber, in der man kann.
(Marie von Ebner-Eschenbach)

Part I.



Wie schön, dass für mich wohl gerade die Zeit, in der ich könnte, auch genau die Zeit ist, in der ich kann … Oder so.

Mein kleines beschissenes Leben wurde von all den Ereignissen der letzten Wochen und Monate so dermassen überrollt, dass mir alleine vom Zusehen, schwindlig wurde. Vieles hat sich verändert, einiges habe ich verändert und ein anderer Teil blieb unverändert. Stillstand bedeutet Rückschritt … Und so bewege ich mich nach vorne …

Doch auch hier erst mal von vorne.
Noch war die Vorweihnachtszeit getrübt von den Klauen, die mich in meiner Haut festhielten. Der Kraftakt war anstrengend, mir einzugestehen, dass es so nicht weitergehen kann, ich den Kopf hochalten muss, auch wenn mir der Dreck bis zum Hals steht. Ich traf Entscheidungen, die zum Jahresende nur noch umgesetzt werden mussten … Erst eine, dann die andere. So recht überzeugt war ich nicht, doch es musste sein … Das Tal der Tränen war tief und gross.
Und dann, ganz heimlich still und leise stelle ich fest, dass ein Knoten geplatzt ist … Das Atmen fiel wieder leichter, das Grau war nicht mehr so grau … Und dann die ganz grosse Erkenntnis: Hey, das wird … und es wird nicht nur, es wird sogar gut …

Die für mich grösste Herausforderung zum Jahresanfang war der geplante Thailand-Urlaub. Ein Rucksack, den zu packen ich nicht wirklich im Stande war, eine Reise, das zunächst in Bangkok endete, ansonsten kein Plan, aber dafür zwei Reiseführer, grobe Ideen und jede Menge Mut, Abenteuerlust und Freude. Und Anna. Alles wird gut … Wir lassen uns treiben und schauen, wohin wir unter Thailand’s Sonne kommen werden …


Am 21.01. startet mein Urlaub mit Schnee-Eis-Chaos, zugeeisten Oberleitungen, so dass noch nicht mal mehr Strassenbahnenfuhren und einem geschlossenen Flughafen. Noch immer ist es mir ein Rätsel wie es mir gelang, aber ich kam in einem Stück nach Frankfurt und konnte dort wenig später Anna begrüssen, die es ebenfalls pünktlich schaffte. Doch auch unsere Weiterreise setzte sich mit einer dreistündigen Verspätung fort, da uns die Wetterbedingungen in Frankfurt einen eisglatten Strich durch die Rechnung machen. 12 Stunden und eine schlaflose Nacht später machen uns 99 % Luftfeuchtigkeit und gefühlte 45 Gräder noch viel mehr zu schaffen … Bangkok ist laut, staubig, voll, trubelig … Ein bisschen wie Sao Paulo, aber eben nur mit Linksverkehr. Ich kann den geistigen Transfer nicht leisten, in welche Richtung ich zuerst zu schauen haben, wenn ich die Strasse überquere … und so hoffe ich, in einem Stück nach drei Wochen wieder in Deutschland das Licht der Welt zu erblicken …

Das Ibis Riverside in BKK ist schnell gefunden, der Check-In erledigt und die Dame, die im Lautsprecher im Fahrstuhl wohnt, weist uns immer wieder freundlich darauf hin, dass wir im „Fifth Floor“ sind und somit aussteigen sollten. Wir kommen an, ziehen uns den Thailändischen Witterungsverhältnissen entsprechend an und begeben uns zum nächsten Seven Eleven, um uns mit dem Notwendigsten auszustatten. Was folgt, ist ein gepflegter Mittagsschlaf, bevor wir den Fussmarsch in Richtung Königspalast antreten. In weiser Voraussicht lasse ich Anna die Karte lesen, denn im Zweifelsfall ist sie ja dann auch schluld, wenn wir uns verlaufen (ich weiss ja schon, dass ich es nicht kann, braucht aber Anna ja nicht gleich zu wissen). Wir laufen und laufen und sehen dies und das und jenes. Es würde den Rahmen sprengen, dies alles im Detail aufzuzählen, daher lass ich es bleiben … :-) (klingt aber auch besser, als hier zuzugeben, dass ich mich a) nicht mehr erinnern kann, wie das Sehenswerte hiess oder aber b) es womöglich gar nicht erwähnt werden muss, da es gar nicht so sehenswert war). Noch immer wollen wir zum Königspalast, finden aber den Weg nicht. Daher fragen wir zwei Thailänderinnen, ob dies DIE Strasse ist und wie wir DORTHIN kommen … Wild tippen wir auf der Karte rum, die beiden beratschlagen sich auf Thai, wir verstehen nix und sind genauso schlau, wie vorher. Irgendwann winken wir ab und lassen gut sein.

Lui mit seinem Tuktuk Monika beobachtet das lustige Treiben und als wir an den beiden vorbei kommen, winkt er uns auch gleich mal zu sich und nutzt die Gunst der Stunde. Anna und ich überlegen, ob wir einsteigen sollen oder eher nicht. Kurz wägen wir ab und schon quetschen wir uns in das Tuktuk und lassen uns von Lui zulabern. Bevor uns Lui aber am Tempel To Wat Po absetzen kann, lässt er uns lieber mal für 800 Baht eine Kanalfahrt mit nem Longtailboat buchen … Von wegen Floating Market und so … Bis wir an den Floating Dingern vorbeikommen, strecken uns nur tote Fische ihre Köpfe aus dem Kanal entgegen und vereinzelt schwimmen irgendwelche Gemüseteile in diesem Drecksgewässer rum, die man noch nicht mal mehr geschenkt würde haben wollen … Ein kleine Fraulein mit ihrem grossen Boot versucht es dennoch, uns etwas andrehen zu wollen, hat aber mit Market eher weniger zu tun. Wir winken ab und schauen uns die Behausungen, die teilweise unter aller Sau waren, zu unseren Linken und Rechten an … Nach etwas mehr als einer Stunde ist die Fahrt beendet, wir steigen in der Nähe des Tempel aus und besichtigen den riesengrossen, schlafenden Buddha. Leute, der ist wirklich soooo gross, dass man den gar nicht komplett auf ein Foto bekommen kann. Wenn man den fotografieren will, hat das durchaus was von einem Bravo Starschnitt … Beeindruckend war es dennoch …
Nach einem feudalen Mahl („gebrannter Reis“ mit Chicken) erfeilschen wir uns einen Preis für das Nachhause-Tuktuk und tuckern gemütlich wieder in unsere Bleibe auf dem „Fifth Floor“ im Riverside Hotel.

Der nächste Morgen beginnt mit einem Frühstück im Hotel. Das Buffet sieht lekker aus, die Auswahl gross und so wandern Toast, Butter, Wurst, Käse und Marmelade auf unsere Teller. Der Kaffee ist sehr lekker, der Saft zu süss, die Butter ranzig und damit das ganz was hermacht, kann man sich die Marmelade in Scheiben auf’s Brot legen. Sanft und geschmeidig sieht definitiv anders aus und schmecken tut’s eben auch ganz anders.
So schmieden während wir auf der Scheibenmarmelade rumkauen den Plan, die Khao San Road zu besuchen und uns mal um unsere Weiterfahrt nach Khao Sok zu kümmern. So genau wissen wir noch nicht, wie und wo, doch wir beschliessen zunächst das Wassertaxi auf dem Fluss auszuprobieren. Schnell finden wir die Station, man weist uns den Weg und wenig später sitzen wir auf dem Boot in die richtige Richtung. Auf der Khao San werden wir direkt wieder angesprochen und man verweist uns ans ITAT (ein staatlich geführtes Unternehmen), bei welchem wir unsere weitere Reise buchen sollten. Schlussendlich buchen wir im ITAT für den nächsten Tag (mein Geburtstag) eine Übernachtbusfahrt nach Khao Sok samt Übernachtung im Baumhaus im Dschungel. Bezahlt wird in Cash-Baht und auf einem kleinen unscheinbaren Zettel steht nur drauf, dass Anna zwei Personen ist, die von BKK nach Khao Sok fahren will. Und auf dem anderen steht, dass Anna für zwei übernachten will im Baumhaus. Der Hinweis, dass wir uns gegen 1700 am nächsten Tag wieder vor dem ITAT einfinden sollen, erfolgt auf der Tonspur und dann sind wir wieder entlassen, tigern zu unserem wartenden Tuktuk und lassen uns wieder an den Ausgangspunkt zurückbringen. Jetzt erst mal ein Bier … !
Am Abend versuchen wir sodann noch unser Glück, auf Similan Island das Zelt zu reservieren, bekommen allerdings die Bestätigung (ich vermute, sie war es) nur in Thai angezeigt und da wir dieser Sprache beide nicht mächtig sind, lassen wir es ruhen und machen es uns stattdessen neben all den Mücken auf der Hotelterrasse am Pool bei einem (oder auch zwei) Bier gemütlich und schreiben die ersten Postkarten.
Und Zuhause ist soooo weit weg … (aber dazu dann später mehr).

Ich öffne die Augen, es ist hell, es ist ruhig und ich stelle fest, ich bin 40 !!!! Alles nur halb so schlimm, denn eine kleine Million toller Menschen hat bereits mitten in der Nacht an mich gedacht und so lese ich mich durch eine kleine Flut toller Geburtstagswünsche. Während ich noch lese, öffnet Anna die Tür, verschwindet wieder und raschelt vor sich hin. Nach einer Weile ist mit dem, was sie tat, fertig und überreicht mir ein Törtchen mit einer brennenden Kerze und einem in ganz tolles thailändisches Toilettenpapier eingepacktes Geschenk. Ooooh, das ist so schöööön !!!! Ich freu mich so und puste die Kerze aus, wünsche mir selbstverständlich den tollsten Wunsch wo gibt und packe mein Geschenk aus. Es ist ein USB-SD-Kartenleser, den ich mit Adapter an mein Handy anschliessen kann, um die Fotos, die ich auf meiner Spiegelreflexkamera habe, auf mein Handy übertragen zu können …
Wir machen uns fertig und begeben uns zum Scheibenmarmeladenfrühstück. Danach will dann allerdings die Zeltreservierung bezahlt werden, denn ansonsten ist die Reservierung hinfällig und wir können zusehen, wie und wo wir bleiben. Wir erfahren, dass wir mit dem Ausdruck des Thai-Zettels zur Bank müssen, um zu zahlen und damit wär dann alles soweit gut und richtig und wir müssten nur noch auf die Insel kommen. Anna und ich stiefeln durch die brütende Hitze und finden beim zweiten Anlauf die richtige Bank, bei welcher wir den entsprechenden Betrag einzahlen können. Zuvor allerdings versuchte ich mit meiner DKB Karte am ATM am Seven Eleven Geld zu ziehen. Gut und gerne 10 Minuten will der Automat meine Karte nicht ausspucken, als er dann die Karte ausspuckt, aber keine Kohle mit rauskommt. Die Warnmeldung konnte ich allerdings nicht lesen und somit entgeht mir, was da nun stand … Tage später stelle ich allerdings fest, dass mir der Gegenwert von 10.000 Baht abgebucht wurde, obwohl ich an diesem Geldautomaten kein Geld bekam … Sowas braucht man am anderen Ende der Welt … Naja, was soll’s … Ich kümmer mich darum, wenn ich wieder zu Hause bin … Nicht jetzt und nicht heute.
Zurück im Hotel packen wir unsere 7 Sachen zusammen, denn ist ja schliesslich Abreisetag. Noch bevor wir final abreisen, wollen wir zumindest noch die Mail an den Speedboatbetreiber absetzen, damit auch das in trockenen Tüchern ist und nicht das Zelt reserviert ist, wir aber nicht hinkommen, weil das mit der Überfahrt nicht funktionierte. Als wir so die Datümmer da eintragen wollen, stellen wir fest, dass wir das Zelt für einen Zeitraum reserviert haben, in welchem wir es unmöglich schaffen können, auf die Insel zu kommen. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Was nun? Wieder Himmel und Hölle in Bewegung setzen, alles nochmal von vorne, wieder zur Bank und hoffen, dass wir die erste Einzahlung noch stornieren können, damit das dann auf die zweite Reservierung eingezahlt werden kann. Da uns der Schweiss auch ganz ohne Aufregung von der Stirn tropft, wischen wir uns nach erfolgreicher Aktion selbige von der Stirn, begeben uns zurück ins Hotel, schultern die Rucksäcke und begeben uns auf den Weg zur Agentur.

Wir warten vor dem ITAT auf Abholung. Es kommt ein Minivan, wir laden das Gepäck ein und los geht’s. Allerdings nicht direkt, sondern es kommen noch weitere Reisegäste in den Minivan. Dem Typen, der uns fährt, will man nachts auch nicht allein begegnen … und auch wenn der Van für ca. 9 Reisende ausgelegt ist, so staune ich nicht schlecht, als schlussendlich gefühlte 18 Personen samt 18 70 Liter Rucksäcken darin Platz finden. Wie Rindvieh werden wir nach kurzer Fahrt aus dem Bus gescheucht und mitten an einem Kreisverkehr rausgeworfen. Kein Ton davon, wie es weitergeht. Nichts. Einfach raus und warten. Doch wir sollen nicht die ersten und auch nicht die letzten sein. Immer mehr Minivans halten, treiben die Insassen raus und fahren wieder. Und so stehen wir da und harren der Dinge, die da kommen mögen. Stunden später hat der Doppeldeckerbus dann auch mal eingeparkt, und wir trotten der Horde hinterher. Nachdem ich den ersten Schritt in den Bus setzte, will ich eigentlich auch schon wieder raus. Mir schlägt ein Geruchsgemisch aus Basmatireis, Käsefüssen, Urin und anderer undefinierbarer Gerüche entgegen. In diesem Moment habe ich für die nächsten fünf Tage gegessen, habe aber auch keine andere Wahl und steige mit ein und nehme auf einem der freien Sitze Platz. Andere tun mir gleich … Einfach nur nicht darüber nachdenken … Augen zu und durch … Und ich denke noch: Happy Birthday, MJ !!! Den 40. wirste so schnell nicht vergessen.
12 Stunden später werden wir in Surat Thani wieder aus dem Bus gejagt – unser Gepäck hat den Weg an die Luft schon eher gefunden, denn die Berge an Rucksäcken standen schon bereit, als wir ausstiegen. Auch hier wieder keine weitere Ansage, keine Info, wie es weitergehen soll und vor allem, wann es weitergehen soll. Eine halbe Ewigkeit und 100 Mückenstiche später packt uns ein Pick-Up ein, der uns ganz woanders hinbringt und wir dort wieder warten müssen, bis es weitergehen soll. Es kommt ein weiterer Pick-Up, der uns wieder schultert und zum Bus bringt, der dann – so hoffen wir – nach Khao Sok fahren soll. 3 weitere Stunden später, ziemlich durchgeschüttelt und müde wie Hund kommen wir in Khao Sok an und können unsere Dschungelherberge beziehen.
Das Zimmer liess so ziemlich alle Wüsche offen, das rosa Moskitonetz versprach, die Mücken fern zu halten, doch das Fenster liess sich nicht schliessen.

Egal, darum kümmer ich mich später. Jetzt wollen wir in den Wald, schauen, ob und welche wilden Tiere da leben und bewegen … Nach der Sitzerei steigt die Thrombosegefahr ins Unermessliche und jetzt muss erst mal entgegengewirkt werden.
Der Regenwald ist grün, es gibt viel Bambus und kleine Tiere. Diese habe ich allerdings nie gesehen, darauf musste mich Anna immer wieder hinweisen. Grosse Spinnen hingen in den Bäumen, spannen grosse Netze und es angeblich sollte es noch Wasserfälle geben. Diese haben wir allerdings nicht mehr sehen können, da es im Wald bereits recht dunkel wurde und da wir weder Stirnlampen noch andere Beleuchtung dabei hatten, wollten wir nichts riskieren … Ergo traten wir den Rückweg dann rechtzeitig wieder an.

Ganz gleich, wie verranzt das Zimmer auch gewesen sein mag, die Dusche gab nur kaltes Wasser von sich, aber genau das brauchte ich. Ich konnte mich nicht mehr riechen. Die Klamotten, die ich am Leib trug hätten nach dem Trocknen von allein in der Ecke stehen können und ich frage mich nur, welcher Teufel mich geritten hat … Da man ja im Rucksack bekanntlich nicht den halben Kleiderschrank mit sich führen kann, ist man eben in der Auswahl der Klamotten eben auch recht eingeschränkt und so bleibt einem nichts anderes übrig, als die Klamotten eben auch zweimal hintereinander anzuziehen …
Frisch geduscht und neu geboren gehen wir zum Essen, allerdings nicht, ohne vorher noch die nächste Übernachtung in Khao Lak gebucht zu haben. Erschlagen und müde falle ich ins Bett, unter’s Moskitonetz und schlafe einen unruhigen Schlaf. Warum? Na darum: Da sich das Fenster nicht richtig schliessen liess, hatte ich die Vorstellung, dass da ein kleines Äfflein von aussen eintreten könnte und da wir unsere Hipbags und sämtliche Wertsachen rund um den TV aufgestellt hatten, sich ausgerechnet meine Tasche schnappen würde und mit all meinen Kreditkarten und meinem Reisepass in den Dschungel abhauen würde. Da ich mich allerdings auch nicht mehr traute, unter dem Moskitonetz herauszukriechen, blieb ich liegen und lauschte ganz gespannt …
(genau damit sollte mich Anna dann auch noch den Rest des Urlaubs aufziehen).


To be continued

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