... ist
die Zeit vorüber, in der man kann.
(Marie
von Ebner-Eschenbach)
Part I.
Wie
schön, dass für mich wohl gerade die Zeit, in der ich könnte, auch genau die
Zeit ist, in der ich kann … Oder so.
Mein
kleines beschissenes Leben wurde von all den Ereignissen der letzten Wochen und
Monate so dermassen überrollt, dass mir alleine vom Zusehen, schwindlig wurde.
Vieles hat sich verändert, einiges habe ich verändert und ein anderer Teil
blieb unverändert. Stillstand bedeutet Rückschritt … Und so bewege ich mich
nach vorne …
Doch
auch hier erst mal von vorne.
Noch
war die Vorweihnachtszeit getrübt von den Klauen, die mich in meiner Haut
festhielten. Der Kraftakt war anstrengend, mir einzugestehen, dass es so nicht
weitergehen kann, ich den Kopf hochalten muss, auch wenn mir der Dreck bis zum
Hals steht. Ich traf Entscheidungen, die zum Jahresende nur noch umgesetzt
werden mussten … Erst eine, dann die andere. So recht überzeugt war ich nicht,
doch es musste sein … Das Tal der Tränen war tief und gross.
Und
dann, ganz heimlich still und leise stelle ich fest, dass ein Knoten geplatzt
ist … Das Atmen fiel wieder leichter, das Grau war nicht mehr so grau … Und
dann die ganz grosse Erkenntnis: Hey, das wird … und es wird nicht nur, es wird
sogar gut …
Die
für mich grösste Herausforderung zum Jahresanfang war der geplante
Thailand-Urlaub. Ein Rucksack, den zu packen ich nicht wirklich im Stande war,
eine Reise, das zunächst in Bangkok endete, ansonsten kein Plan, aber dafür
zwei Reiseführer, grobe Ideen und jede Menge Mut, Abenteuerlust und Freude. Und
Anna. Alles wird gut … Wir lassen uns treiben und schauen, wohin wir unter
Thailand’s Sonne kommen werden …
Am
21.01. startet mein Urlaub mit Schnee-Eis-Chaos, zugeeisten Oberleitungen, so
dass noch nicht mal mehr Strassenbahnenfuhren und einem geschlossenen
Flughafen. Noch immer ist es mir ein Rätsel wie es mir gelang, aber ich kam in
einem Stück nach Frankfurt und konnte dort wenig später Anna begrüssen, die es
ebenfalls pünktlich schaffte. Doch auch unsere Weiterreise setzte sich mit einer
dreistündigen Verspätung fort, da uns die Wetterbedingungen in Frankfurt einen
eisglatten Strich durch die Rechnung machen. 12 Stunden und eine schlaflose
Nacht später machen uns 99 % Luftfeuchtigkeit und gefühlte 45 Gräder noch viel
mehr zu schaffen … Bangkok ist laut, staubig, voll, trubelig … Ein bisschen wie
Sao Paulo, aber eben nur mit Linksverkehr. Ich kann den geistigen Transfer
nicht leisten, in welche Richtung ich zuerst zu schauen haben, wenn ich die
Strasse überquere … und so hoffe ich, in einem Stück nach drei Wochen wieder in
Deutschland das Licht der Welt zu erblicken …
Das
Ibis Riverside in BKK ist schnell gefunden, der Check-In erledigt und die Dame,
die im Lautsprecher im Fahrstuhl wohnt, weist uns immer wieder freundlich
darauf hin, dass wir im „Fifth Floor“ sind und somit aussteigen sollten. Wir
kommen an, ziehen uns den Thailändischen Witterungsverhältnissen entsprechend
an und begeben uns zum nächsten Seven Eleven, um uns mit dem Notwendigsten
auszustatten. Was folgt, ist ein gepflegter Mittagsschlaf, bevor wir den
Fussmarsch in Richtung Königspalast antreten. In weiser Voraussicht lasse ich
Anna die Karte lesen, denn im Zweifelsfall ist sie ja dann auch schluld, wenn
wir uns verlaufen (ich weiss ja schon, dass ich es nicht kann, braucht aber
Anna ja nicht gleich zu wissen). Wir laufen und laufen und sehen dies und das
und jenes. Es würde den Rahmen sprengen, dies alles im Detail aufzuzählen,
daher lass ich es bleiben … :-) (klingt aber auch besser, als hier zuzugeben,
dass ich mich a) nicht mehr erinnern kann, wie das Sehenswerte hiess oder aber
b) es womöglich gar nicht erwähnt werden muss, da es gar nicht so sehenswert
war). Noch immer wollen wir zum Königspalast, finden aber den Weg nicht. Daher
fragen wir zwei Thailänderinnen, ob dies DIE Strasse ist und wie wir DORTHIN
kommen … Wild tippen wir auf der Karte rum, die beiden beratschlagen sich auf
Thai, wir verstehen nix und sind genauso schlau, wie vorher. Irgendwann winken
wir ab und lassen gut sein.
Lui
mit seinem Tuktuk Monika beobachtet das lustige Treiben und als wir an den
beiden vorbei kommen, winkt er uns auch gleich mal zu sich und nutzt die Gunst
der Stunde. Anna und ich überlegen, ob wir einsteigen sollen oder eher nicht.
Kurz wägen wir ab und schon quetschen wir uns in das Tuktuk und lassen uns von
Lui zulabern. Bevor uns Lui aber am Tempel To Wat Po absetzen kann, lässt er
uns lieber mal für 800 Baht eine Kanalfahrt mit nem Longtailboat buchen … Von
wegen Floating Market und so … Bis wir an den Floating Dingern vorbeikommen,
strecken uns nur tote Fische ihre Köpfe aus dem Kanal entgegen und vereinzelt
schwimmen irgendwelche Gemüseteile in diesem Drecksgewässer rum, die man noch
nicht mal mehr geschenkt würde haben wollen … Ein kleine Fraulein mit ihrem
grossen Boot versucht es dennoch, uns etwas andrehen zu wollen, hat aber mit
Market eher weniger zu tun. Wir winken ab und schauen uns die Behausungen, die
teilweise unter aller Sau waren, zu unseren Linken und Rechten an … Nach etwas
mehr als einer Stunde ist die Fahrt beendet, wir steigen in der Nähe des Tempel
aus und besichtigen den riesengrossen, schlafenden Buddha. Leute, der ist
wirklich soooo gross, dass man den gar nicht komplett auf ein Foto bekommen
kann. Wenn man den fotografieren will, hat das durchaus was von einem Bravo
Starschnitt … Beeindruckend war es dennoch …
Nach
einem feudalen Mahl („gebrannter Reis“ mit Chicken) erfeilschen wir uns einen
Preis für das Nachhause-Tuktuk und tuckern gemütlich wieder in unsere Bleibe
auf dem „Fifth Floor“ im Riverside Hotel.
Der
nächste Morgen beginnt mit einem Frühstück im Hotel. Das Buffet sieht lekker
aus, die Auswahl gross und so wandern Toast, Butter, Wurst, Käse und Marmelade
auf unsere Teller. Der Kaffee ist sehr lekker, der Saft zu süss, die Butter
ranzig und damit das ganz was hermacht, kann man sich die Marmelade in Scheiben
auf’s Brot legen. Sanft und geschmeidig sieht definitiv anders aus und
schmecken tut’s eben auch ganz anders.
So
schmieden während wir auf der Scheibenmarmelade rumkauen den Plan, die Khao San
Road zu besuchen und uns mal um unsere Weiterfahrt nach Khao Sok zu kümmern. So
genau wissen wir noch nicht, wie und wo, doch wir beschliessen zunächst das
Wassertaxi auf dem Fluss auszuprobieren. Schnell finden wir die Station, man
weist uns den Weg und wenig später sitzen wir auf dem Boot in die richtige
Richtung. Auf der Khao San werden wir direkt wieder angesprochen und man
verweist uns ans ITAT (ein staatlich geführtes Unternehmen), bei welchem wir
unsere weitere Reise buchen sollten. Schlussendlich buchen wir im ITAT für den
nächsten Tag (mein Geburtstag) eine Übernachtbusfahrt nach Khao Sok samt
Übernachtung im Baumhaus im Dschungel. Bezahlt wird in Cash-Baht und auf einem
kleinen unscheinbaren Zettel steht nur drauf, dass Anna zwei Personen ist, die
von BKK nach Khao Sok fahren will. Und auf dem anderen steht, dass Anna für
zwei übernachten will im Baumhaus. Der Hinweis, dass wir uns gegen 1700 am
nächsten Tag wieder vor dem ITAT einfinden sollen, erfolgt auf der Tonspur und
dann sind wir wieder entlassen, tigern zu unserem wartenden Tuktuk und lassen
uns wieder an den Ausgangspunkt zurückbringen. Jetzt erst mal ein Bier … !
Am
Abend versuchen wir sodann noch unser Glück, auf Similan Island das Zelt zu
reservieren, bekommen allerdings die Bestätigung (ich vermute, sie war es) nur
in Thai angezeigt und da wir dieser Sprache beide nicht mächtig sind, lassen
wir es ruhen und machen es uns stattdessen neben all den Mücken auf der
Hotelterrasse am Pool bei einem (oder auch zwei) Bier gemütlich und schreiben
die ersten Postkarten.
Und
Zuhause ist soooo weit weg … (aber dazu dann später mehr).
Ich
öffne die Augen, es ist hell, es ist ruhig und ich stelle fest, ich bin 40 !!!!
Alles nur halb so schlimm, denn eine kleine Million toller Menschen hat bereits
mitten in der Nacht an mich gedacht und so lese ich mich durch eine kleine Flut
toller Geburtstagswünsche. Während ich noch lese, öffnet Anna die Tür,
verschwindet wieder und raschelt vor sich hin. Nach einer Weile ist mit dem,
was sie tat, fertig und überreicht mir ein Törtchen mit einer brennenden Kerze
und einem in ganz tolles thailändisches Toilettenpapier eingepacktes Geschenk.
Ooooh, das ist so schöööön !!!! Ich freu mich so und puste die Kerze aus, wünsche
mir selbstverständlich den tollsten Wunsch wo gibt und packe mein Geschenk aus.
Es ist ein USB-SD-Kartenleser, den ich mit Adapter an mein Handy anschliessen
kann, um die Fotos, die ich auf meiner Spiegelreflexkamera habe, auf mein Handy
übertragen zu können …
Wir
machen uns fertig und begeben uns zum Scheibenmarmeladenfrühstück. Danach will
dann allerdings die Zeltreservierung bezahlt werden, denn ansonsten ist die
Reservierung hinfällig und wir können zusehen, wie und wo wir bleiben. Wir
erfahren, dass wir mit dem Ausdruck des Thai-Zettels zur Bank müssen, um zu
zahlen und damit wär dann alles soweit gut und richtig und wir müssten nur noch
auf die Insel kommen. Anna und ich stiefeln durch die brütende Hitze und finden
beim zweiten Anlauf die richtige Bank, bei welcher wir den entsprechenden
Betrag einzahlen können. Zuvor allerdings versuchte ich mit meiner DKB Karte am
ATM am Seven Eleven Geld zu ziehen. Gut und gerne 10 Minuten will der Automat
meine Karte nicht ausspucken, als er dann die Karte ausspuckt, aber keine Kohle
mit rauskommt. Die Warnmeldung konnte ich allerdings nicht lesen und somit
entgeht mir, was da nun stand … Tage später stelle ich allerdings fest, dass
mir der Gegenwert von 10.000 Baht abgebucht wurde, obwohl ich an diesem Geldautomaten
kein Geld bekam … Sowas braucht man am anderen Ende der Welt … Naja, was soll’s
… Ich kümmer mich darum, wenn ich wieder zu Hause bin … Nicht jetzt und nicht
heute.
Zurück
im Hotel packen wir unsere 7 Sachen zusammen, denn ist ja schliesslich Abreisetag.
Noch bevor wir final abreisen, wollen wir zumindest noch die Mail an den
Speedboatbetreiber absetzen, damit auch das in trockenen Tüchern ist und nicht
das Zelt reserviert ist, wir aber nicht hinkommen, weil das mit der Überfahrt
nicht funktionierte. Als wir so die Datümmer da eintragen wollen, stellen wir
fest, dass wir das Zelt für einen Zeitraum reserviert haben, in welchem wir es
unmöglich schaffen können, auf die Insel zu kommen. Verdammt. Verdammt.
Verdammt. Was nun? Wieder Himmel und Hölle in Bewegung setzen, alles nochmal
von vorne, wieder zur Bank und hoffen, dass wir die erste Einzahlung noch
stornieren können, damit das dann auf die zweite Reservierung eingezahlt werden
kann. Da uns der Schweiss auch ganz ohne Aufregung von der Stirn tropft,
wischen wir uns nach erfolgreicher Aktion selbige von der Stirn, begeben uns
zurück ins Hotel, schultern die Rucksäcke und begeben uns auf den Weg zur
Agentur.
Wir
warten vor dem ITAT auf Abholung. Es kommt ein Minivan, wir laden das Gepäck
ein und los geht’s. Allerdings nicht direkt, sondern es kommen noch weitere
Reisegäste in den Minivan. Dem Typen, der uns fährt, will man nachts auch nicht
allein begegnen … und auch wenn der Van für ca. 9 Reisende ausgelegt ist, so
staune ich nicht schlecht, als schlussendlich gefühlte 18 Personen samt 18 70
Liter Rucksäcken darin Platz finden. Wie Rindvieh werden wir nach kurzer Fahrt
aus dem Bus gescheucht und mitten an einem Kreisverkehr rausgeworfen. Kein Ton
davon, wie es weitergeht. Nichts. Einfach raus und warten. Doch wir sollen
nicht die ersten und auch nicht die letzten sein. Immer mehr Minivans halten,
treiben die Insassen raus und fahren wieder. Und so stehen wir da und harren
der Dinge, die da kommen mögen. Stunden später hat der Doppeldeckerbus dann
auch mal eingeparkt, und wir trotten der Horde hinterher. Nachdem ich den
ersten Schritt in den Bus setzte, will ich eigentlich auch schon wieder raus.
Mir schlägt ein Geruchsgemisch aus Basmatireis, Käsefüssen, Urin und anderer
undefinierbarer Gerüche entgegen. In diesem Moment habe ich für die nächsten
fünf Tage gegessen, habe aber auch keine andere Wahl und steige mit ein und
nehme auf einem der freien Sitze Platz. Andere tun mir gleich … Einfach nur
nicht darüber nachdenken … Augen zu und durch … Und ich denke noch: Happy
Birthday, MJ !!! Den 40. wirste so schnell nicht vergessen.
12
Stunden später werden wir in Surat Thani wieder aus dem Bus gejagt – unser
Gepäck hat den Weg an die Luft schon eher gefunden, denn die Berge an
Rucksäcken standen schon bereit, als wir ausstiegen. Auch hier wieder keine
weitere Ansage, keine Info, wie es weitergehen soll und vor allem, wann es
weitergehen soll. Eine halbe Ewigkeit und 100 Mückenstiche später packt uns ein
Pick-Up ein, der uns ganz woanders hinbringt und wir dort wieder warten müssen,
bis es weitergehen soll. Es kommt ein weiterer Pick-Up, der uns wieder
schultert und zum Bus bringt, der dann – so hoffen wir – nach Khao Sok fahren
soll. 3 weitere Stunden später, ziemlich durchgeschüttelt und müde wie Hund
kommen wir in Khao Sok an und können unsere Dschungelherberge beziehen.
Das
Zimmer liess so ziemlich alle Wüsche offen, das rosa Moskitonetz versprach, die
Mücken fern zu halten, doch das Fenster liess sich nicht schliessen.
Egal,
darum kümmer ich mich später. Jetzt wollen wir in den Wald, schauen, ob und
welche wilden Tiere da leben und bewegen … Nach der Sitzerei steigt die
Thrombosegefahr ins Unermessliche und jetzt muss erst mal entgegengewirkt
werden.
Der
Regenwald ist grün, es gibt viel Bambus und kleine Tiere. Diese habe ich
allerdings nie gesehen, darauf musste mich Anna immer wieder hinweisen. Grosse
Spinnen hingen in den Bäumen, spannen grosse Netze und es angeblich sollte es
noch Wasserfälle geben. Diese haben wir allerdings nicht mehr sehen können, da es
im Wald bereits recht dunkel wurde und da wir weder Stirnlampen noch andere
Beleuchtung dabei hatten, wollten wir nichts riskieren … Ergo traten wir den
Rückweg dann rechtzeitig wieder an.
Ganz
gleich, wie verranzt das Zimmer auch gewesen sein mag, die Dusche gab nur kaltes
Wasser von sich, aber genau das brauchte ich. Ich konnte mich nicht mehr
riechen. Die Klamotten, die ich am Leib trug hätten nach dem Trocknen von
allein in der Ecke stehen können und ich frage mich nur, welcher Teufel mich
geritten hat … Da man ja im Rucksack bekanntlich nicht den halben
Kleiderschrank mit sich führen kann, ist man eben in der Auswahl der Klamotten
eben auch recht eingeschränkt und so bleibt einem nichts anderes übrig, als die
Klamotten eben auch zweimal hintereinander anzuziehen …
Frisch
geduscht und neu geboren gehen wir zum Essen, allerdings nicht, ohne vorher
noch die nächste Übernachtung in Khao Lak gebucht zu haben. Erschlagen und müde
falle ich ins Bett, unter’s Moskitonetz und schlafe einen unruhigen Schlaf. Warum?
Na darum: Da sich das Fenster nicht richtig schliessen liess, hatte ich die
Vorstellung, dass da ein kleines Äfflein von aussen eintreten könnte und da wir
unsere Hipbags und sämtliche Wertsachen rund um den TV aufgestellt hatten, sich
ausgerechnet meine Tasche schnappen würde und mit all meinen Kreditkarten und
meinem Reisepass in den Dschungel abhauen würde. Da ich mich allerdings auch
nicht mehr traute, unter dem Moskitonetz herauszukriechen, blieb ich liegen und
lauschte ganz gespannt …
(genau
damit sollte mich Anna dann auch noch den Rest des Urlaubs aufziehen).
To
be continued
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