Mittwoch, 8. Mai 2013

Ich habe schon fast vergessen ...



… wie das mit dem Reisen geht …



Gestern war es dann mal wieder soweit.
MJ ganz gross tritt ihre Reise in die Stadt am Bosporus an. Vorher habe ich schon beschlossen, nur mit leichtem Gepäck zu reisen, damit das mit dem Ein- und Aus- und Umchecken schnell und sauber abläuft.

1545 – der Fahrer steht vor der Casa und bringt mich an den Flughafen. Wer sucht, der findet dann irgendwann auch mal den Schalter der Turkish Airlines … Frau begrüsst mich dort mit einem freundlichen „Merhaba“. Ich sag: „Hallo“ und werde gefragt, ob ich denn einen Fensterplatz haben möchte. Natürlich nicht. Ich möchte einen Gangplatz. Auf dem Boardingpass steht: 27 D … Verdammt, ganz hinten im Flieger …

Erst mal ne Stärkung in der Lounge und auf zum Boarding. Als ich dort ankomme, sind die meisten schon im Flieger und als ich meinen Platz erreiche, ist noch nicht mal im Fach ein Platz für mein kleines, leichtes Gepäck …
Und so verstaue ich mein Hab und Gut in dem Compartment drei Reihen vor mir und quetsche mich an einem „Ihm-schmeckt’s-Mann“ zurück auf meinen Sitz.
Erwähnte ich schon: 27 D??? Vorletzte Reihe, direkt bei der Küche und bei den Toiletten …

Auch bin ich etwas beunruhigt, ob der Tatsache, dass es sich wohl um ein älteres Flugzeugmodell handelt … Einige Leisten hängen locker von der Decke, die Sitze haben auch schon bessere Tage gesehen. Es hat gefühlte 100 Grad, es riecht unangenehm nach undefinierbaren Körperausdünstungen und …
… wir hatten noch nicht mal den Take-off …
… und noch drei Stunden Flug vor mir …

Auf den Sitzen E und F – also direkt neben mir – sitzt ein homosexuelles Russenpärchen, welches sich gegenseitig mit den Zungen die Mandeln zu untersuchen scheint. Hin und wieder liest der, der zu meiner Rechten sitzt in einem Buch in kyrillischer Schrift und markiert mit einem grünen Textmarker besonders wichtige Textpassagen.
Ich erkenne, es ist ein Buch von Erich Fromm.
Das Lesen und Markieren wird durch wildes Rumgeknutsche unterbrochen.

Unterdessen unterhalten sich in der Sitzreihe vor mir 2 Personen. Ein älterer Herr und ein kleiner Junge. Leider kann ich mich der laufenden Unterhaltung nicht entziehen, da beide schwerhörig zu sein schein und sich entsprechend laut unterhalten. Es lässt sich kaum vermeiden, dass der ganze Flieger mitbekommt, dass er ein pensionierter Hauptschullehrer (Deutsch und Mathe) ist und der kleine Junge ein Streber zu sein schein, sich in Atatürk’s Geschichte gut auskennt und überhaupt ein ganz aufgewecktes Kerlchen ist.
Irgendwann nervt mich das Gelaber und so tippe ich dem alten Herrn dezent auf die Schulter und bitte ihn freundlich – aber bestimmt – doch etwas leichter zu sprechen.
Und was dann kommt, geht so:
Er: „Wenn Sie zuhören würden, könnten Sie noch was lernen!“
Ich: „Wenn ich was lernen würde wollen, ginge ich zur Volkshochschule und würde nicht im Flieger fremden Unterhaltungen lauschen und wenn ich mich unterhalten würde wollen, hätte ich eine Unterhalten mit Ihnen begonnen. Da ich weder das eine noch das andere möchte, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie etwas leiser sprächen. Danke.“

Drei Stunden später:
Wir landen auf türkischem Boden. Gepäck in die Hand und raus aus dem Flieger. Aussenposition. Der wartende Bus schliesst die Pforten vor meiner Nase und ich warte auf den zweiten Bus. Dieser jedoch kann noch nicht fahren, solange der dritte nicht da ist … Wir warten.
Wir fahren.
Wir kommen an.
Wir steigen aus.
Ich folge dem Schild „Passport“. Reihe mich ein und warte brav und geduldig bis ich an die Reihe komme. Der freundliche Beamte checkt meinen Pass, blättert sich durch 100 bestempelte Seiten und was dann kommt, geht so:
Er: „Marijana?“
Ich: “Yes, this is me.”
Er: “Where is your visa?”
Ich: “Visa? Do I need a visa?” (verdammte Hacke, ich wusste das nicht, dass ich ein Visum brauche ... Immer diese Hürden für Ausländer!)
Er: „You go there (zeigt mit dem Finger auf ein Visa Schild), buy visa, come back.“

Jetzt wollte ich mal weil wegen Handgepäck Zeit sparen und dann verliere ich alles Eingesparte beim Visumkauf. Glücklicherweise geht alles reibungslos, ich hab den Aufkleber im Pass, bald auch den Einreisestempel und begebe mich nach draussen.
Das „We create Chemistry“ Schild blinkt mir von einem iPäd entgegen, der Typ begleitet mich zum Fahrer und los geht’s zum Hotel. Meine Frage, wie weit es denn zum Hotel sei, beantwortet der Fahrer mit einem Schulterzucken und einem dahingemurmelten „No English. SoRRi.“ Naja, er wird es wissen, ich kann es eh nicht ändern und es war ja auch nicht wirklich von wichtiger Relevanz.
Gegen 23.30 h beziehe ich dann mein Zimmer im zweiten Stock mit Blick auf die „Sea of Marmara“. Ein schwerer Teppich im Raum, schwere Vorhänge, ein dezenter Nikotingeruch im Raum. Auf dem Tisch ein Aschenbecher mit Streichhölzern ABER einem Rauchen verboten Schildchen darin … Aha.
Kein Queensize bed und auch kein Kingsize bed … Zwei kleine, Singlebetten, eines davon quietscht und ich ziehe direkt auf das andere Bett …

Da ich um 1530 die letzte Butterstulle gegessen habe – das Essen im Flieger habe ich gar nicht erst anrühren wollen – hing mir der Magen in den Kniekehlen … Die Banane, die ich in der Lounge noch mitgenommen habe, soll über den Hunger hinweghelfen. Es wird allerdings nicht besser, eher schlimmer … Es hilft alles nix … Ich „gönne“ mir eine schweineteure Minidose Pringles Paprika (40 g für knappe 5 Euronen) … Aber der Hunger treibt’s rein.

Heute dann, ganz nach türkischer Manier … Die für 1000 angesetzte Besprechung beginnt geschlagene 45 min später. Alles geht drunter und drüber und es erinnert mich schwer an brasilianische Zeiten …
So ist das nun …
Morgen verabschiede ich mich dann von der Stadt am Bosporus wieder und finde es sehr schade, für Sightseeing keine Zeit zu haben …

Gehabt euch wohl !

Eure Jana

3 Kommentare:

  1. "Zum Reisen gehört Geduld, Mut, Humor und daß man sich durch kleine widrige Zufälle nicht niederschlagen lasse.“
    Adolph von Knigge

    Das fiel mir bei deiner Beschreibung ein. :-)
    Gottseidank hast du ja wahrlich genug davon,von Mut, Humor ...und...ja...Geduld...:D

    Hab noch eine schöne Reise ohne Widrigkeiten.
    M.

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  2. Du schwindelst! Letzte Butterstulle 1530... Was hast Du denn in der Lounge gemacht?!? Aber schön!

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  3. In der Lounge warf ich einen kurzen Blick in die Zeitung, telefonierte mit meiner Freundin in Istanbul und danach mit dem Prinzen. Im Vorbeigehen steckte ich einen Apfel und eine Banane ein und das war's ...

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